Glutenfrei doch mehr als eine Modeerscheinung?

Ein sehr interessanter Artikel war kürzlich in der Washington Post zu lesen. Der Titel lautete auf Deutsch übersetzt: „Warum der glutenfrei-Trend doch mehr ist als eine Modeerscheinung“. Das machte mich natürlich neugierig. Schon mehrmals habe ich darüber geschrieben, wie es für jemanden mit Zöliakie ist, dass glutenfrei nur als Lifestyle-Trend abgetan wird (zum Beispiel in diesem Beitrag: Eine Krankheit als Lifestyle-Trend – wer hätte das gedacht) und wie nervig es auch ist, dass glutenfrei mit hysterisch und paranoid gleichgesetzt wird (TV-Kritik: Nur Häme, keine Information). In den USA ist das noch einmal eine Kategorie schlimmer. Dort ernähren sich 3,1 Millionen Menschen glutenfrei – ohne aber an Zöliakie erkrankt zu sein (Mehr dazu: Woher kommt der glutenfrei-Trend?). Für sie gibt es bereits eine medzinische Beschreibung: PWAG – peopole without celiac disease avoiding gluten (Menschen ohne Zöliakie, die Gluten vermeiden). Und ihre Zahl steigt, wie auch der Artikel in der Washington Post darstellt. Zum Teil hängt das mit dem steigenden Wissen um Zöliakie und Glutensensitivität zusammen. Die Zahl der Zöliakie-Diagnostizierten stieg in den vergangenen Jahren nicht nur in den USA deutlich. Immer mehr Ärzte und auch Patienten wissen um die Krankheit und um ihre vielfältigen Symptome. Daher wird nun wesentlich öfter auf Zöliakie getestet und auch diagnostiziert.

Natürlich gibt es auch einige, die aus einer unbegründeten Angst vor Gluten oder weil sie abnehmen wollen, verzichten. Beides übrigens unbegründet. Aber es gibt eben auch viele, die Gesundheitsprobleme haben, sich dann glutenfrei ernähren und eine deutliche Verbesserung ihres Befindens registrieren. Die medizinischen Ursachen dafür sind nicht bekannt und auch schwierig zu erforschen, wie Joseph Murray, einer der Experten in dem Artikel zitiert wird. Geschätzt wird, dass etwa die Hälfte der PWAGs eine eindeutige nicht-zöliakische Glutensensitivität haben (diese wird übrigens erst seit fünf Jahren auch so in der medizinischen Literatur genannt). „Immer mehr Menschen sagen, dass Gluten sie krank macht – und wir wissen bisher noch nicht warum“, sagt Benjamin Lebwohl vom Columbia University Celiac Disease Center. Studien zeigten, dass Patienten mit diesen Sensitivitäten unterschiedliche Symptome hatten (wie Bauchschmerzen, Durchfall, generelles Unwohlsein), die aber bei Einhaltung einer glutenfreien Diät verschwanden.

Die genauen Ursachen und warum Gluten offenbar doch auf einige Menschen Auswirkungen hat, auch wenn sie nicht Zöliakie haben, muss noch genauer erforscht werden. Eine sehr spannende Entwicklung, auch für Zöliakie-Betroffene. Denn je genauer geforscht wird, desto besser wird auch diese Krankheit verstanden. Und am Besten an dem Artikel gefällt mir der letzte Satz, mit dem Lebwohl zitiert wird: „Wir müssen diese Patienten ernst nehmen um die genaue Ursache ihrer Probleme herauszufinden.“ Diesen Satz sollten sich viele, eigentlich alle Ärzte sehr zu Herzen nehmen.

Den Original-Artikel könnt ihr hier nachlesen: „Why the gluten-free-movement is less of a fad than we thought

 

Schreibe einen Kommentar