Sag, wie hältst du es mit Hafer und Polenta?

Eigentlich bin ich ja in Sachen Zöliakie ein alter Hase. Meine Diagnose habe ich seit über 30 Jahren, schon als Kleinkind wurde die Erkrankung bei mir festgestellt. Und seit dem lebe ich damit. Bis ich von daheim auszog, war meine Ernährung in der Hand meiner Mutter, die mit all den Problemen zu kämpfen hatte, die es damals noch gab: Keine guten Produkte, unfassbar hohe Preise, kaum Auswahl. Ich war die einzige Betroffene in unserem Haushalt, für mich wurde extra gekocht. Und genauso habe ich es dann gehalten, als ich auszog. Ich lebte immer mit Nicht-Coelis zusammen und tue es auch heute. Für meinen Mann und mein Kind koche ich manchmal glutenhältig, oft essen wir alle glutenfrei. Glutenhältiges Brot ist aber immer im Haus.

 

Ich habe mich schon informiert und dachte sehr genau zu wissen, was ich essen darf und was nicht. Worauf ich beim auswärts essen achten muss und wann ich lieber einfach gar nichts esse. Im Zweifelsfall war letzteres immer meine Variante damit umzugehen. Schon seit meiner Diagnose war erst meine Mutter und nun ich Mitglied der „Österreichischen Arbeitsgemeinschaft Zöliakie“, die Betroffene mit allen Informationen versorgt. Kürzlich entdeckte ich in der akutellen Ausgabe der „Zöliakie Aktuell“ – die Zeitschrift der Arbeitsgemeinschaft – dass ein Ernährungsseminar in meiner Nähe angeboten wird. Und obwohl ich mir dachte, das dies wohl eher an „Frischdiagnostizierte“ gewandt ist, habe ich mich angemeldet.

 

Anfang November schließlich betrat ich sehr neugierig den Seminarraum des Veranstaltungsorts. Rund 50 Personen waren da, alle Altersschichten, Kinder, Erwachsene. Und tatsächlich, wie sich bei der Vorstellrunde zeigte, waren die meisten Coeli-Neulinge. Das Seminar leitete Diätologin Eva Terler, die einen umfassenden Einblick in die Themen Diagnose, Symptome, worin ist Gluten enthalten und worin nicht, Kontamination, und so weiter gab.

 

Alles hier nun aufzulisten, wäre zu viel, aber einige entscheidende Dinge sind mir doch aufgefallen, bzw. haben mich überrascht oder waren neu für mich.

  • Hafer: Ob dieser nun gegessen werden darf oder nicht, scheint eine Wissenschaft für sich zu sein. Langzeitstudien zeigten, dass unkontaminierter Hafer gut vertragen wird. Hafer gilt aber nicht als glutenfrei. Und weil er oft in Betrieben verarbeitet wird, in denen auch glutenhältige Getreide verarbeitet werden, ist Kontamination nicht auszuschließen. Es gibt aber Hafer, der eindeutig als für Coelis geeignet ausgewiesen ist, es lohnt sich also, Haferprodukte genauer anzusehen. Wer jetzt verwirrt ist, weiß wie es mir erging.
  • Fleischwaren dürfen in Österreich laut Lebensmittelcodex kein Gluten enthalten. Gleiches gilt für Milch- und Milchprodukte. Ausnahmen bestätigten aber leider die Regel, da es ja auch weiterverarbeitete Fleisch- und Milchprodukte gibt.
  • Wenn die Zutaten eines Produktes glutenfrei sind, ist das Produkt glutenfrei. Wenn etwas glutenhältiges in der Zutatenliste steht, dann nicht. Das klingt auf den ersten Blick sehr logisch, aber gerade Menschen, die erst kürzlich diagnostiziert wurden, sind sehr verunsichert und können oft gar nicht glauben, dass es eigentlich so einfach und logisch ist. Seit 2005 müssen Allergene auf der Zutatenliste explizit ausgewiesen werden. Es ist aber nicht so, dass Lebensmittel nur dann glutenfrei sind, wenn sie das Symbol oder den Hinweis tragen!
  • Dieser blöde Satz „Kann Spuren von Weizen, Gluten,… enthalten“ ist nur eine rechtliche Absicherung. Diese Produkte kann man also bedenkenlos essen. Außer natürlich es besteht Grund zur Sorge, dass es zu einer Kontamination gekommen sein könnte (Mehle,…)
  • Noch nicht wirklich schlauer bin ich in Sachen Polenta. Eigentlich ist er glutenfrei, aber das Kontaminationsrisiko ist sehr hoch. Also nur den verwenden, der das glutenfrei Symbol trägt. Nur tut das fast kein Polenta. Dafür steht fast immer „glutenfrei“ drauf. Und nun?
  • Mein Lieblingssatz von Frau Terler: „Gluten kann nicht hin- und herspringen.“ Damit ist zum Thema Kontamination in der eigenen Küche auch eigentlich alles gesagt. Dieser sehr praxisnahe und „un-paranoide“ Zugang entspricht sehr dem, wie ich es immer gehandhabt habe. Das beruhigte mich, denn wenn man sich so umschaut, vor allem im Internet, könnte man oft meinen, allein die Nähe von Gluten sei tödlich für Coelis.

 

Wie gesagt, das sind nur jene Punkte, die für mich am spannendesten waren. Das Seminar dauerte fast vier Stunden – mit Kaffeepause in der ausführlich glutenfreie Produkte getestet wurden! Es war sehr informativ und kann auf jeden Fall empfohlen werden. Zum einen weil das Seminar für Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft kostenlos ist und zum anderen, weil der Austausch mit Gleichgesinnten wichtig und informativ ist. Mehr Informationen dazu gibt es auf www.zoeliakie.or.at

 

glutenfreie Produktverkostung

Glutenfreie Stärkung in der Kaffeepause

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