Das war die ARGE Jahrestagung 2018

Am 26. Mai 2018 fand die Jahrestagung der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft Zöliakie in Linz statt. Hier mein persönlicher Rückblick mit den Highlights und den für mich wichtigsten Erkenntnissen von diesem informativen Tag:

  1. Wir sind viele: Diesen Slogan der Facebook-Gruppe „Zöliakie Austausch“ muss ich mir gleich mal ausborgen. Denn: 650 Teilnehmer waren dabei. Und eine unglaubliche Vielfalt von Ausstellern präsentierten ihre Produkte. Daran erkennt man: Zöliakie wird immer mehr zum Thema, das Wissen darüber und auch die Produktvielfalt nimmt zu. Man stelle sich vor: Bei der Jahrestagung waren allein drei Aussteller mit ihren Bieren da. Das war selbst vor fünf Jahren noch undenkbar. (Über zwei der Bieraussteller habe ich schon mal geschrieben: Stiegl und Bio Weisse)
  2. Glutenfrei heißt schon lange nicht mehr geschmacksfrei: Sehr viele Aussteller waren mit Backwaren da. Und ich war echt positiv überrascht. Egal ob das Käsestangerl von Resch&Frisch, die Kornweckerl von Weizenfrei oder die Brötchen von Haubis – alles hat wirklich gut geschmeckt. Es hätte auch ein Mittagsbuffet gegeben. Dafür habe ich mich gar nicht angemeldet. Ich wurde auch so satt 😉
  3. Wer kein Mitglied der ARGE ist, ist selber schuld: Für den bescheidenen Jahresbeitrag von 45 Euro bekommt man nicht nur Rat, Hilfe und Informationsmaterial, sondern auch noch gratis Eintritt bei dieser Jahrestagung. Schon die Produkte, die die Hersteller ausgegeben haben, waren wohl ein vielfaches wert. Auch der Vortrag der Vorsitzenden Hertha Deutsch zeigte, warum die ARGE so wichtig ist. Auf nationaler, aber auch internationaler Ebene wird in vielen Gremien Aufklärung und Information betrieben und darfür gesorgt, dass die Bedürfnisse der Zöliakie-Betroffenen zum Beispiel bei neuen Lebensmittel-Richtlinien der EU nicht vergessen werden.
  4. Manches ändert sich nie: Wie jedes Mal, wenn Zölis aufeinandertreffen, hat jeder eine Geschichte beizusteuern, wie er mit Ärzten konfrontiert war, die falsch diagnostizierten, falsche Informationen hatte oder die Symptome nicht ernst nahm… Der Vortragende Dr. Harald Vogelsang, Leiter der Zöliakie-Ambulanz im Wiener AKH betonte zwar, dass sich der Wissenstand in den vergangenen 30 Jahren zwar enorm erweitert hat, aber bei vielen Ärzten trotzdem Aufholbedarf besteht: „Es ist wohl so, dass viele in diesem Saal mehr über Zöliakie wissen, als viele Ärzte.“ Man kann sich vorstellen, dass er dafür großen Applaus bekam. Dr. Andreas Vecsei von der Gastroambulanz im St. Anna Kinderspital Wien appellierte daher auch eindringlich: „Bitte gehen Sie mit Kindern zum Kindergastreoenterologen – zumindest für die Diagnostik und die Befundbesprechung!“
  5. Die Bauch-Hirn-Achse: Der Vormittagsvortrag hatte dieses Mal ein überraschendes Thema: „Darm und Psyche“. Obwohl der Vortrag von Bettina Keip und Johannes Peter (Spezialambulanz für gastroenterologische Psychosomatik) etwas sehr detailliert und eine Spur zu lang war, gab es doch einige sehr interessanten Erkenntnisse. Zum Beispiel: Das Bauchgefühl gibt es tatsächlich, weil zwischen dem Gehirn und dem „Bauchgehirn“ (- die vielen Nerven im Bauch) ein ständiger Austausch besteht. Oder: Wer einen sensitiven Bauch hat – und das gilt auch für Zölis – dessen Streßlevel ist erhöht. Für eine gute Verdauung braucht es aber Entspannung. Hat man aber Schmerzen oder Problem mit der Verdauung, gerät man schnell in einen Sorgenkreislauf: Man hat Schmerzen, darüber macht man sich Sorgen/negative Gedanken, in der Folge richtet man die Aufmerksamkeit verstärkt auf den Bauch und mögliche Schmerzen, dadurch nimmt man diese aber auch verstärkt wahr.
    Lange Rede, kurzer Sinn: Vor lauter Angst, Probleme mit dem Darm zu bekommen (zum Beispiel durch einen Glutenunfall), desto mehr konzentriere ich mich auf die Bedrohung (und bekomme zum Beispiel regelrechte Angst vor Gluten).
    Deshalb soll man sich und seinem Bauch auch mal ganz bewusst etwas Gutes tun, um aus diesem Sorgenkreislauf herauszukommen. Zum Beispiel durch bewusste und achtsame Körperpflege, regelmäßige Bewegung, bewusste Pausen, genießen und Kontakte pflegen. Was auch helfen kann, ist ein Dankbarkeitstagebuch zu führen. Also jeden Tag aufschreiben, wofür man dankbar ist. Laut den beiden hat das sogar einen positiven Einfluss auf Entzündungswerte.
    Irgendwie dachte ich mir bei dem Vortrag: Ja, eh klar. Aber es war dann doch interessant, für das alles auch eine wissenschaftlich-medizinische Erklärung zu hören.
  6. Diagnose ohne Biopsie bei Kindern: Das war das Thema des Vortrags von Dr. Vecsei. Er erläuterte den Zusammenhang zwischen einer Infektion und dem Ausbruch von Zöliakie, über den im Vorjahr eine Studie veröffentlicht wurde (dazu habe ich hier schon mal ganz ausführlich geschrieben) und betonte einmal, dass zum Beispiel die Impfung gegen Rotaviren das Risiko senken kann. Sein Hauptthema war aber die Diagnose ohne Biopsie bei Kindern – und wirklich nur bei Kindern. Bei Erwachsenen ist immer noch eine Biopsie für eine gesicherte Diagnose notwendig! Für diesen neuen Diagnose-Kriterien bei Kindern wurde eine Studie gemacht, bei der sich zeigte, dass die Kriterien zu 99 Prozent zutreffen – das heißt, man kann davon ausgehen, dass so eine Zöliakie festgestellt wird. Die Kriterien sind: Das Kind muss Symptome haben, die IgA und die TG2 Antikörper müssen um den zehnfachen Wert erhöht sein und es zwar bei zwei Blutproben, und der Gentest muss positiv sein. Trifft all das zu, ist laut neuesten Erkenntnissen eine Biopsie nicht mehr zwingend notwendig. Die Diagnose muss aber unbedingt ein Kindergastroenterologe stellen.
  7. Sensitiv, unverträglich – was denn nun? Über den Unterschied von Zöliakie und Weizensensitivität sprach Dr. Vogelsang. Er erklärte, dass es Menschen gibt, die Gluten nicht vertragen, obwohl sie keine Zöliakie haben (dazu habe ich hier schon mal geschrieben, deshalb spare ich mir das hier an dieser Stelle). Ganz interessant war aber, was er noch zu Unverträglichkeitstests sagte, die nun oft im Internet angeboten werden und wo mit einem Tropfen Blut sämtliche Unverträglichkeiten gezeigt werden können. Laut ihm: „Blödsinn“. Denn bei diesen Test werden IgG-Antikörper getestet (nicht IgA, wie bei der Zöli-Diagnose) und das sind Antikörper, die immer gebildet werden, wenn man mit etwas in Kontakt kommt. Dr. Vogelsang: „Das heißt es wird angezeigt, womit man viel in Kontakt gekommen ist – sonst gar nichts.“ Oder, wie er es dann sehr pointiert ausdrückte: „IgE sind für Allergien, IgA für Zöliakie und IgG für gar nichts.“
  8. Zu früh abgehauen: Ich habe mir die drei kurzen Schlussvorträge nicht mehr angehört, weil ich leider keine Zeit mehr hatte. Es ging um glutenfreie Lebensmittel und das Glutenfrei-Symbol, Steuerfreibeträge und Familienbeihilfe (dazu habe ich hier schon einmal geschrieben) und um Allgemeines unter dem Motto „Mit Zöliakie leben, reisen und arbeiten“. Wer mir kurz eine Rückmeldung zu diesen Vorträgen geben möchte: Immer her damit!
  9. Auf ein Neues: Die Tagung im nächsten Jahr findet in Innsbruck statt. Der genaue Termin steht noch nicht fest, aber es wird wohl wieder im Mai sein. Also noch Zeit genug, Mitglied zu werden 😉
  10. Viel Neues: Eine ganze Reihe von neuen Produkten haben die Firmen zum Testen bereitgestellt. Da freue ich mich schon sehr auf das Durchkosten. Ich werde euch natürlich darüber auf dem Laufenden halten!

War jemand von euch bei der Tagung? Wie hat es euch gefallen? Ich freue mich über eure Kommentare!

2 thoughts on “Das war die ARGE Jahrestagung 2018

  1. Hallo!
    Gute Zusammenfassung 🙂 ich war das erste mal bei der Tagung und hab mir heute ausgerechnet, dass der Inhalt meiner Goodie Bags über 50€ wert ist. Wahnsinn, damit hab ich nicht gerechnet. Die Aussteller waren total nett. Schneider Weiße habe ich anscheinend total verpasst. Ich bin genau wie du zur Kaffeepause gegangen und wäre auch interessiert was es noch gab.
    Lg, claudia

    1. Hallo Claudia!
      Danke für deinen Kommentar!
      Ja, die Goodie-Bag hatte es im wahrsten Sinne des Wortes in sich.
      Schneider Weiße hatten einen etwas unaufälligen Platz.
      Ich hoffe, irgendwer gibt uns noch ein paar Infos zu den restlichen Vorträgen, damit ich den Bericht noch vervollständigen kann.
      Lg barbara

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